Über die visuelle Gestaltung des utb-Bandes »Gutes Design für Leichte Sprache

Bericht über die Buchgestaltung

Die besondere Aufgabe des Buches bestand inhaltlich darin, die etwas schwer zugänglichen Formulierungen der DIN SPEC 33429 verständlich zu machen. So entstand ein Band mit verschiedenen Themen, die die visuelle Gestaltung für Leichte Sprache von Spezialisten erklären. Leider kann sich das Buch nicht an die eigentliche End-Zielgruppe der Leichte-Sprache-Nutzenden richten. Gestaltung ist eine komplexe Tätigkeit und bedarf besonders in so einem speziellen Bereich der Arbeit von Fachleuten.

 

 

Da das Buch in den Universitäts-Taschenbüchern (utb) erscheinen sollte, gab es nur zwei Buchformate zur Auswahl. Was aber kein Problem für uns war, da sich das Format 170 x 240 mm hervorragend für ein Sach- und Fachbuch eignet.

 

Als einer der beiden Herausgeber konnte ich auch die Buchgestaltung bestimmen und übernehmen. Da wir mit einem Pool von Fachautoren zusammenarbeiten konnten ergaben sich Diskussionen zu einigen Details der Gestaltung und ich erhielt wertvolle Hinweise zur Gestaltung selbst und vor allem auch zur Schriftwahl. Schließlich hatte ich das Glück, dass eine hervorragende Kollegin den Satz übernahm, die selbst Buchgestalterin ist.

 

Dabei habe ich auf Auffälligkeiten in der Gestaltung verzichtet. Das Buch ist streng und einfach gestaltet, dienend eben. Was für den Gebrauch und die Lesbarkeit sinnvoll ist. Doch brauchen die Beiträge, die ja auch einzeln bezogen werden können, mit den Aufmacherseiten einen klingenden Beginn.

 

Buchstruktur

Es sind einzelne Beiträge mit linearen Texten, die von hierzu nötigen Abbildungen samt Bildlegenden unterstützt werden. Je nach Thema ist die Abbildungsdichte sehr stark bis zu keiner Abbildung, also sehr verschieden. Der Verlag wünschte keine Fußnoten, was für die Lesbarkeit der Texte gut ist. Das Bildmaterial, das dokumentarischen Charakter hat, wird von den einzelnen Autoren besorgt und gestellt.

 

 

Vorentwurf

Im Vorentwurf für dieses Buch hatte ich nach meiner Sachbucherfahrung einen komplexen Satzspiegel mit außenliegender Marginalspalte (für kleine Abbildungen und vor allem für Bildlegenden) entworfen. Da ich mit der Franziska Pro (schon so gute Erfahrungen machen durfte (Borinski / Gorbach: Lesbar, 2019) habe ich diese Schrift mit 9/13 Punkt eingesetzt. Flattersatz war in Verbindung mit der späteren Zielgruppe bereits beschlossen. In der internen Diskussion kamen wir überein, dass etwas mehr »Luft«, also Leerraum für die Anmutung der Leser günstiger wäre.

 

Entwurf und Präsentation

Schriftwahl

Die Wahl für eine geeignete Schrift ist dank des heutigen Überangebotes an Schriften zeitraubend, aber für die Basis einer Gestaltung sehr wichtig. Die Voraussetzungen sind eigentlich selbstverständlich: Optimale Lesbarkeit, die richtige Größe und die passenden Abstände der Zeilen, aber auch der Buchstaben und Wörter. Zudem sollte die Schrift zum jeweiligen Thema auch »passen«. Was schon schwieriger wird. Dass alle nötigen Zeichen auch vorhanden sind und dass die Schrift auch bei Konsultations- und Schaugrößen funktioniert kommt hinzu.

Wir hatten bei diesem Projekt schon einen guten Start mit der Franziska. Doch wollten wir speziell für unser Thema der Gestaltung für Leichte Sprache eine eher neue, aber auch für Leichte Sprache empfehlenswerte Textschrift einsetzen. Das muss probiert werden. Und da kam uns Veronika Burian von Typetogether zu Hilfe, die uns einige Schriften in Originalseiten ausprobieren ließ. Und das war ein spannender und sehr diffiziler Prozess mit immerhin 10 Fonts.

Wir probierten und verglichen:

Franziska Pro Book (Jakob Runge)

Classica (Bernd Möllenstädt)

LegiLux (Antonia Cornelius)

Von Typetogether:

Aeroplan

Aneto

Literata

Athelas

Noort

Portada

Portada Text

 

Schriftbeispiele Ausschnitt

 

Nach umfangreichen Untersuchungen sind wir bei der Portada Text (von Veronika Burian und Josè Scaglione (2019 erschienen) gelandet. Vom Schwärzegehalt der Schrift wollten wir die Portada regular einsetzen. Das scheiterte aber daran, dass die Regular-Fassung nicht so gut ausgebaut ist wie die Portada Text.

Schon nach dem ersten Entwurf kam eine zweite Schrift als Ergänzung in die Diskussion. Das ist heute verbreitet üblich, wäre aber nicht unbedingt erforderlich, da wir für Überschriften und Paratexte bereits mit bewährt ausreichenden »Signalverstärkern« arbeiten. Als zusätzliche Schrift wählten wir die »Ebony« aus. Also eine serifenlose Schrift im Kontrast, wobei mir wichtig war, dass die Figuren wie l oder 1 sich eindeutig unterscheiden (was bei der ebenfalls diskutierten LFT Etica schwieriger gewesen wäre).

 

Schriftbeispiel Ebony

Vergleich mit  LFT Etica

 

Proportion und Raster

Das vorgegebene Buchformat 170 x 240 mm steht in der Proportion 1 : 1,4117. Das ist die Proportion der DIN-Formatreihe.

 

Daraus sind die weiteren Stufen, die Proportionszahlen in mm weiter runtergerechnet. Das hat den Vorteil, harmonische Maße verwenden zu können, die im Zusammenhang zum Ganzen Projekt stehen:

 

240

170

121

85

61

43

30

22

15

11

8

 

Verwendet werden daraus zunächst für die Ränder 15, 22, 43 und 22 mm. Voraussetzung für eine gute Handhabung und Lesbarkeit des Buches ist, dass die Seiten gut aufgeschlagen werden können. Das ist im Ergebnis des Buches leider nicht der Fall. Die Bindung klammert (Die Herstellung gehörte nicht zu unserem Bereich).

 

Satzspiegel 170 x 203 mm.

Für einen Gestaltungsraster wären 4 Spalten a 30(,25 mm) mit Spaltenabstand 4 mm möglich.

Die Höhenunterteilung für 3 Felder a 12 Zeilen + 1 Zeile Abstand. Allerdings wusste ich noch nicht, ob ich eine solche Seiteneinteilung für das Buch überhaupt benötige.

 

Abb. Satzspiegel

Abb Rastermöglichkeiten

 

 

 

Typografie

Die Mikrotypografie richtet sich vor allem nach der optimalen Lesbarkeit und Leserlichkeit.

Textschrift Portada Text 8,5/13,1 Punkt mit Laufweite + 5.

Das ergibt einen Textumfang je Seite von 2260 Zeichen.

Mit Auszeichnungen, Betonungen in kursiv oder wenn nötig halbfett.

Bildlegenden 7/9 P.

Überschriftenhierarchie

Zwischentitelseite Ebony

1_Titel des Beitrags 30 / 34 Punkt. Ebony, farbig

Untertitel 13/16 P. Lf.10 kursiv

2_Überschrift 2 11/13 P., Abstand 1,5 /0,5 LZ

3_Überschrift 3 Medium 9/13 Punkt, Schrift Portada Text 8/12 P.

Nur waagrechte Linien 0,5 mm

 

Abb Schriftgrößen

Abb Hierarchie

 

Seitengestaltung und Bilder

Alle Bilder im Buch folgen dem Text und sind deshalb immer an ihrer angestammten Stelle. Nach Möglichkeit stehen die Bilder der klaren Seitengestaltung wegen oben oder unten. Das geht aber bei manchen Detailabbildungen nicht. Bildbreiten beziehen sich auf die Satzbreite, die halbe Satzbreite, die Breite der Marginalspalte oder schließen auch den Marginalraum (der stets die Bildlegenden trägt) mit ein.

 

Abb. 4 unterschiedliche Bilddoppelseiten

 

Kapitelaufmacher

Geplant war hierzu ein Bilddetail/Vignette aus dem jeweiligen Beitrag sowie dem Vorspanntext auch in Leichter Sprache. Das scheiterte, da die Vorspanntexte viel zu lang geworden wären und aus den Beiträgen kaum markante Bilddetails für den Aufmacher zu finden sind. Deswegen haben wir uns für ein typografisches Spiel auf den Doppelseiten der Aufmacher entschieden.

 

Abb alle Kapitelaufmacher

 

Farben

Das Papier Fly hat eine leicht gelbliche Färbung, was dem anstrengenen Leseprozess entgegen kommt. Die Schwärzung der Textschrift ist fast satt. Für Überschriften, Vorspann und Zusammenfassung wurden Farben eingesetzt. Die unterscheiden sich nach den drei Bereichen des Buches: Theorie, Praxis und Umsetzung. Das Kontrastverhältnis wurde mit dem Kontrastrechner von lerserlich.info überprüft. Für die Farbwahl blieb auch immer der Kontrast zum tiefen Rot der utb-Umschläge im Blick.

 

Abb. Farben

 

 

Ich war für die Gestaltung des Buches nicht ganz allein. Beraten habe ich mich generell mit meiner Herausgeberpartnerin Sabina Sieghart, zur Schriftwahl besonders mit Albert Jan Pool. Durch Lisa Neuhalfen, die das Buch gesetzt hat, wurden noch einige Details verbessert. Sie hat nach nur rudimentären Beispielseiten die Bilder im Buch platziert. Dafür herzlichen Dank. Dank aber auch dem Julius Klinkhardt Verlag, der mit unserer Gestaltung einverstanden war.